File:Musteraufsätze 1913 von Theodor Paul - Seite 163.jpg

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2. beide sind mit ihren Gaben freigebig, der eine mit seiner^ Reichtum, der andere mit seinem Liede; 3. jeder von beiden schätzt die Macht des anderen. Schluß. Ein Wort aus einem Klassiker oder ein Wunsch, eine Mahnung für uns schließt den Aufsatz. Haben wir die Gliederung festgelegt, so schreiten wir zur Ausarbeitung des Aufsatzes. Diese dürfte etwa folgende Form annehmen: In Goethes Ballade „Der Sänger" treten uns als Hauptpersonen der König und der Sänger entgegen. Gleich aus dem Anfänge des Gedichtes können wir entnehmen, wie verschieden die äußere Lage ist, in der sich beide befinden. Der König sitzt in einem der vielen Prunksäle seiner stolzen Burg, inmitten einer zahlreichen Schar von schönen, Vornehmen Damen und stattlichen, mutig dreinschauenden Rittern. Flinke Pagen und Diener stehen bereit, um jeden Wink des Herrschers auf der Stelle zu erfüllen. Die Gesellschaft hat die Freuden des Mahles genossen und ist in bester Stimmung. Die Tafel prangt noch von goldenen und silbernen Gefäßen; die königliche Küche hat alles dargeboten, was das Herz verlangt, die auserlesensten Gerichte und die edelsten Weine. Dem Auge des Dichters, das von der glänzenden Pracht und der strahlenden Versammlung geblendet wird, kommt es Vor, als schaue es in die majestätische Herrlichkeit des mit funkelnden Sternen geschmückten Himmels. Wie ärmlich und gering erscheint dagegen der Sänger? Er steht draußen auf der Straße, gerade vor dem Tore des Palastes, das sich jenseits einer Zugbrücke erhebt. Es ist ein wandernder Spielmann, einer der mittelalterlichen Minnesänger, der von Haus zu Haus zieht und für jeden, der ihm zuhören will, sein freies, frohes, fröhliches Lied sogar unter freiem Himmel erklingen läßt. Das Wenige, dessen er zum Leben bedarf, wird ihm von kunstliebenden oder mildherzigen Mitmenschen als Lohn gegeben. Nur um Geldlohn singt er nicht! Er ist der freie Mann, der nur der Schönheit und Liebe lebt! Er gleicht dem freien Vogel der Lüfte, der auf leichten Schwingen von Ort zu Ort fliegt, der nichts hat und sich mit der dürftigsten Nahrung zufriedengibt. Dem Anscheine nach kann es kaum zwei Menschen gehen, die so sehr voneinander verschieden sind wie jener König und dieser Sänger. Und doch besteht zwischen beiden eine große Ähnlichkeit. Der König ist ein mächtiger Herr, der über ein weites, großes

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