File:Musteraufsätze 1913 von Theodor Paul - Seite 028.jpg

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Aber rächt bloß lebende Lehrer, die vor uns stehen, übermitteln uns die notwendigen Kenntnisse, sondern auch die gedruckten Lehrer, die Bücher! Ja, der sich selbst Belehrende (der Autodidakt) wird mehp aus den Büchern wie aus der eigenen Beobachtung des vielgestaltigen Lebens lernen als der Schüler, der nur auf seinen Lehrer angewiesen ist? Die Lektüre, das Lesen, ist für Schüler und der Schule Entwachsene stets die Hauptquelle. Es gibt ja heute keinen Gegenstand, über den nicht schon Bücher geschrieben worden wären, über den nicht eine Literatur vorhanden wäre. Heutzutage hat man gute, billige Ausgaben der besten Werke unserer großen Klassiker Schiller, Goethe, Lessing, Herder, Uhland, Körner, Hauff, Eichendorff, Freytag, Storm usw., die man natürlich in erster Linie lesen muß. Es bildet sich an diesen Mustern unser Stil. Aber nicht nur die eigentlichen Klassiker, auch gute volkstümliche Darstellungen wissenschaftlicher Forschungen, geschichtliche und geographische Werke, naturwissenschaftliche Darstellungen, selbst auch gute Romane und andere gediegene Unterhaltungsliteratur geben uns ausgezeichnete Gelegenheit, unser Wissen und unsere Geschicklichkeit im Anfertigen von Aufsätzen zu mehren. Schon aus den besseren Zeitungen und Zeitschriften — nicht aber aus Räuber-, Mörder-, Detektiv- und Abenteurergeschichten! — strömt dem Bildungshungrigen eine solche Fülle von fruchtbaren Ideen und positiven Kenntnissen zu, daß sie ihm nicht bloß für seine Aufsätze, sondern für sein ganzes Leben von bleibendem Werte sein werden. Wollen wir Aufsatzstoffe recht auffinden, dann müssen wir aber in erster Linie in der rechten Art und Weise lesen. Ein schnelles, oberflächliches, hastiges Durchfliegen von vielen und vielerlei Büchern nützt gar nichts. Ebenso schnell wie dabei die Vorstellungen, Gedanken und Ideen im Kopfe auftauchen, ebenso eilig verschwinden sie auch wieder. Die letzte und trotzdem sehr wichtige Stoffquelle unserer Aufsätze ist das eig e n e N a ch d e n k e n, das man wissenschaftlich auch Meditation nennt. Manche Themen erfordern das selbständige Nachdenken als die einzige Stoffquelle (z. B. „Klugheit im Geschäft"), andere Themen geben zwar Fingerzeige für den Stoff (z. B. ,,Charakteristik des Fürsten Bismarck"), können aber doch des eigenen Nachdenkens nicht entbehren. Vollständig fehlen darf eigenes Nachdenken überhaupt bei keiner einzigen Aufsatzübung. Der Mensch ist ein denkendes Wesen und soll bei jeder Tätigkeit seinen Intellekt in Benutzung nehmen. „Das ist's ja, was den Menschen zieret, und dazu ward

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