File:Musteraufsätze 1913 von Theodor Paul - Seite 027.jpg

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3. Die Auffindung des Stoffes zu deutschen Aufsätzen. Wo und wie finden wir nun aber den nötigen Stoff, wenn wir ein bestimmtes Aufsatzthema, das uns gestellt worden ist oder das wir uns selbst gestellt Haben, bearbeiten sollen? Zwei Wege, wie schon angedeutet wurde, gibt es nur: entweder entnehmen wir sie von außen, oder wir schöpfen sie aus unserem eigenen geistigen Innern. Jede menschliche Bildung wird durch die Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen) vermittelt; durch die Sinne nehmen wir von frühester Jugend an eine unendliche Masse von Begriffen, Vorstellungen und Bildern in uns auf. Diese eigene Beobachtung ist die wichtigste Stoffquelle für unser Aussatzschreiben! Wir müssen mit offenen Augen und Ohren durch das Leben gehen und uns möglichst wenig von dem Geschehen entgehen lassen, das uns umgibt. Scharfe Sinne, treues Gedächtnis, angespornte äußere und innere Aufmerksamkeit sind die Vorbedingungen, durch welche sich der Reichtum unserer Vorstellungen mehren und geistiges Eigentum werden kann. Zu den eigenen Beobachtungen des Lebens kommen dann die Mitteilungen anderer, durch welche wir „unsere Hirnkammern füllen", wenn man bildlich so sagen will. Die Schularbeit beruht ja hauptsächlich daraus, den Schülern und Schülerinnen Kenntnisse, Wissen und Können „mitzuteilen", d. h. zu übermitteln. Aber unser Schulbetrieb hat es leider dahin gebracht, daß die Schüler einen doppelten Verstand haben: einen für die Schule und einen für das Leben! Das sollte aber nicht so sein! Schule und Leben gehören zusammen, sind eins, ergänzen und durchdringen sich gegenseitig. Aufsätze, nur aus Schulkenntnissen geschöpft, sind mechanische Arbeiten, Aussätze, aus erlerntem Wissen und aus der klugen, verständigen Beobachtung des Lebens geschöpft, sind lebensvolle Werke! Der Primaner eines Gymnasiums sollte es nicht unter seiner Würde halten, mit dem einfachen Handwerker, dem Arbeiter, dem Landmann zu sprechen und sich in Werkstatt, auf der Arbeitsstätte, auf dem Bauernhöfe umzusehen. Seine Auf- sätze werden gewiß dadurch nicht schlechter. Jeder Mensch, der vorwärts will, suche sich durch Unterhaltung, durch ernste, verständige Gespräche mit Leuten aus allen Lebenskreisen zu bilden.

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